Konzert beim Herbstzeitlos-Festival 2003, Burg Kriebstein


20.09.2003

05.00: Warum schreien Vögel, warum geht die Sonne auf, warum stehen Busfahrer am Kiosk und saufen schwarzen Kaffee, warum treten Besoffene alte Dosen über das Pflaster? Keiner weiß es - und deswegen schlafen wir noch, denn wir müssen bei diesem Morgentrubel nicht mitmachen. Da ist keiner scharf drauf.

08.30: Herr Devkar erwacht in Hamburg in seinem Schrebergarten. Wieder hat man ihm nachts einen Zettel ans Türchen gemacht: RÄUM ENDLICH DEINEN GARTEN AUF, DAS STEHT SO IM VEREINSPROGRAMM! Schnell pflanzt er einen Apfelbaum, räumt das Laub in die grüne Tonne, tätschelt einer Wanderschnecke den Arsch und verlässt fröhlich pfeifend die Kolonie.

08.45: Fast zeitgleich erwacht Herr Lottes. Wie jeden Morgen dieselbe Frage: Wer bin ich? Und was mach ich hier? Unten hupt Herr Hoyda. Er hat schon Dea im Gepäck, the chiefmasterin of „colour-ize“, dem Deine Lakaien-Fanclub. Wie lange, fragt man sich, wird sie dieses Amt noch innehalten? Sie wird den Rock`n`Roll von Stendal Blast erleben - das reicht, um abtrünnig zu werden. Herr Hoyda hupt schon wieder. Herr Lottes verflucht ihn zweimal und quält sich nach unten.

12.00: Stau in Braunschweig. Wer braucht eigentlich Braunschweig? Optimales Gelände für einen europäischen Atomtest. Herr Hoyda verfasst einen Brief an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages: weg mit der Stadt, heißt es da, und zwar freiwillig, sonst lernt Ihr mich kennen! Doch an der A2 ist kein Briefkasten. Bis heute liegt das Schreiben im Fußraum des Beifahrersitzes...trauriges Ende einer politischen Karriere.

12.15: Herr Devkar flirtet mit der Schaffnerin im Zug Richtung Leipzig. Doch sie will ihm die 500 Kilometer nicht als „Kurzstrecke“ berechnen. Dumme Kuh!

13.00: Herr Lottes ist im Auto eingeschlafen: Herr Hoyda und Dea machen ein paar verrückte Fotos von ihm. Doch Herr Lottes wacht nicht auf davon - selbst nicht, als sein Kopf bei 230 km/h aus dem Fenster gehalten wird. Ein dringender Verdacht drängt sich auf: Hat Herr Lottes Musaril genommen?

14.00: Herr Devkar schmeißt im Zugrestaurant eine Lokalrunde.

15.30: Der Osten ist längst erreicht. Aber wo ist Kriebstein? Hat sich gut versteckt an diesem Tag hinter diversen Umleitungen. Herr Devkar meldet sich telefonisch: man habe ihn aus dem Zug geworfen, weil er die Lokalrunde nicht bezahlt habe. Und man möge ihn abholen - in Großenbothen. Großenbothen? Gibt es das?

16.00: Großenbothen gibt es! Es ist eine Bushaltestelle an einem LIDL.

18.00: Auch Kriebstein gibt es. Und sogar eine Burg. Toll. Großes Hallo mit Roland, dem Veranstalter. Herr Hoyda, Herr Lottes und Herr Devkar stürzen unter Deas Schulterzucken an den Gabentisch. Catering - Fehlanzeige! Wo das Essen stehen sollte, kann man höchstens an einer Wachstischdecke knabbern. Erstmal ein Bier, das knallt.

19.00: Soundcheck. Wir sind Profis und nach 60 Sekunden fertig. The Fair Sex sind auch schon da: liebe Leute übrigens, die mordsmäßig rocken.

20.00: Essen: Grillwürstchen auf Toast an Ketchup und Senf. Das Leben als Musiker ist gesund, das muß man schon sagen. Überall Vitamine.

21.30: Die erste Band spielt: Schattenkinder aus Dresden. Also: der Bandname ist Schattenkinder, die kommen aus Dresden. Der Bandname ist nicht: Schattenkinder aus Dresden. Das muß klar sein. Geiles letztes Lied. Irgendwas von Leonard Cohen.

22.30: Auftritt. Natürlich sind wir spitze, ist doch klar. Die Massen jubeln und fordern drei Zugaben und werfen mit Schlüppern und hyperventilieren und machen alles was dazu gehört.
Wir sind jeden Cent wert. Leider kriegen wir nur 30.

23.30: Herr Hoyda macht eine Lesung im alten Rittersaal vor 99 Zuhörern - volles Haus. Er kredenzt alte Kolumnen, die immer noch irgendwie frisch sind. Alle haben ihn lieb, weil er alle zum Lachen bringt. Ein helles Fünkchen in unserer dunklen Zeit, der Herr Hoyda.

00.00: Ab vor die Bühne zu The Fair Sex und Headbangen! Cooler Gig!

03.00: Herr Hoyda redet mal wieder mit Herrn Dobschütz über alte Zeiten. Das kann sich hinziehen, aber nur wegen Herrn Dobschütz.

04.00: War is over! Als auch der letzte Gast gefressen war, stellten sie fest, dass man auch mal schlafen kann. Kolonne in die Pension - ein altes Kinderheim. Da sind zwei infantile Bands gut aufgehoben. Herr Hoyda ergattert unter Aufbietung aller Dreistigkeit ein Einzelzimmer, Herr Lottes und Herr Devkar müssen zusammen pennen. Viel Spaß!, brüllt Herr Hoyda über den Flur. Eine alte Nonne schlägt ihm dafür mit einem Bambusstock zehnmal auf den nackten Arsch. Nacht!

21.09.2003

11.00: Frühstück. Lecker. Börps!

13.00: Abschied von Herrn Devkar am Leipziger Hauptbahnhof, der wieder zu Wim Wenders muß, weil dieser seinen neuen Film produziert. Wir weinen. Werden wir uns jemals so jung wiedersehen?

15.00: Stau in Braunschweig. Aber das hatten wir ja schon.

19.00: Abschied von Dea am Dortmunder Hauptbahnhof. Viele Grüße an Ernst und Alexander und Carl und wiesealleheißendabeideinelakaienseineband.

20.00: Herr Lottes und Herr Hoyda trinken einen Mukkefukk im Cafe Hakkefakk. Kurz überlegen sie, ob sie noch auf einen Hakkefikk in den Puffekukk gehen sollen. Nein, besser nicht. Kein Geld, keine Libido. Rockstar sein macht impotent.

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